... ein Bericht von © Kai-Oliver Derks - Berliner Morgenpost 1999
Inger Nilsson steht auch als 40jährige im Schatten ihres größten Erfolges:
37 ° - Reportage "Ich war Pippi Langstrumpf" (22:15 Uhr - ZDF - 04.05.1999)
Sie hatte ein Haus, ein Äffchen und ein Pferd. Geblieben davon ist wenig.
Inger Nilsson wird heute 40 Jahre alt und teilt ihr Schicksal mit Millionen von Schauspielern in aller Welt. «Sie hat das große Glück nicht gefunden», sagt der Autor Gunther Scholz, der die Frau, die 30 Jahre die Heldin in Astrid Lindgrens Büchern war, für die «37 °»-Reportage «Ich war Pippi Langstrumpf» besucht hat.
«Sie steht bis heute im Schatten dieser Figur», erläutert Scholz, der das Leben Inger Nilssons nachgezeichnet hat.
Nach den Filmen als «Pippi Langstrumpf» und der Schulzeit entschloss sie sich, Sekretärin zu werden. Erst später kehrte sie zur Schauspielerei zurück und lernte den Beruf in einer Schule, die ihr Talent bescheinigte. Seither verdient sie ihr Geld bei kleineren Theaterprojekten, vom Durchbruch ist sie weit entfernt. «Die Leute sind nicht in der Lage, zwischen Kunstfigur und Schauspielerin zu trennen», erklärt der Autor und verweist auf ähnliche Fälle im deutschen TV-Alltag. Wer würde Anna Ziegler aus der «Lindenstraße» schon mit «Guten Tag, Frau Fischer» ansprechen?
Im Falle von Inger Nilsson ist das Problem ihrer künstlerischen Vergangenheit auch ein finanzielles geworden. Drei mal drei ausgegebene Mark sind eben immer neun, niemals nur sechs, wie einst Pippi dachte. «Ich bin leider nicht, wie viele vielleicht meinen, durch die Pippi-Filme Millionärin geworden», sagt sie.
Die Schauspielerin besitzt keinerlei Rechte an den Filmen, «nicht mal an meinem Gesicht». Und das weist sie bis heute eindeutig als die «Pippi» von damals aus.
Auf der Straße wird sie noch immer erkannt. Gunther Scholz sprach mit der Schauspielerin ebenso wie mit ihren Eltern. Einen Herrn Nilsson gibt es nicht. Der Autor begleitete die Darstellerin bei der Wohnungssuche, als sie von Göteborg nach Stockholm umzog, um dort ihr Glück zu versuchen. Dennoch ist die Dokumentation nicht nur ein Porträt der «Pippi» von einst, sondern auch eine Bestandsaufnahme der Situation von Schauspielern in Skandinavien.
Anlass für den Film ist übrigens nicht nur der 40. Geburtstag von Inger Nilsson. Vor 50 Jahren erschien das erste «Pippi-Langstrumpf»-Buch in Deutschland, vor genau 30 Jahren kam der erste Film mit ihr in die Kinos.
Artikel von: © Kai-Oliver Derks - Berliner Morgenpost 1999