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Inger Nilsson & Hans Clarin in der Johannes B. Kerner Show

» Inger Nilsson



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Inger Nilsson und Hans Clarin
Inger Nilsson
und Hans Clarin

18. Dezember 2002
© ZDF


 

Am 18. Dezember 2002 trafen sich Inger Nilsson (Pippi Langstrumpf) und Hans Clarin (Donner-Karlsson) in der Johannes B. Kerner Show.

Damit dieses Interview nicht in Vergessenheit gerät, habe ich es kurzerhand zur Erinnerung und zum Nachlesen *schwubb-di-wupp* hier auf meine Seite gepackt.

Die Show beginnt ...

Johannes:  Also - der Hans Clarin spielt die Rolle dieses Ganoven, hier sitzt also endlich mal, muss ich sagen, Pippi Langstrumpf und ich finde das faszinierend, wenn man in Ihr Gesicht guckt. Also das finde ich herrlich. Aber das wird den Zuschauern bestimmt genauso gehen. Wann ist es genau gedreht worden? Stimmt das? 1969?
Inger: Ja, das war '69.
Johannes: Es ist uncharmant, aber es ist wichtig für die Geschichte. Wie alt waren Sie?
Inger: Ich war neun. Als wir angefangen haben mit dem Film.
Johannes: Wie häufig haben Sie sich gesehen seitdem?
Hans: Wir haben uns vor 4 Wochen das letzte Mal gesehen.
Johannes: Aber davor lange nicht - oder?
Hans: Davor lange nicht. Davor 38 Jahre nicht oder 34 Jahre nicht. Aber vor einem Monat haben wir uns gesehen. Da war eine Verleihung eines Buchpreises und ich war da auch eingeladen und da sehe ich Inger und das war natürlich eine riesige Freude. Ist ja ganz klar.
Johannes: Ist tatsächlich so, dass das es auch für Sie ein beeindruckendes Erlebnis aus Ihrer Karriere, in der Sie ja viele andere Dinge auch gemacht haben?
Hans: Naja, also wenn man über Inger spricht oder über Pippi Langstrumpf spricht, da ist ja ... dieser Film ist ja nicht umsonst ein Welterfolg geworden. Das war wahrscheinlich genau in der richtigen Minute, hat man das richtige Mädchen gefunden. So ein Wirbelwind, ein motorisches Wesen, die da durchzischt durch diesen Film und alle angesteckt hat. Das ist einfach einmalig gewesen und es hat sicherlich den Erfolg des Films ausgemacht - neben dem Drehbuch.
Johannes: So haben Ihre professionellen Kollegen das damals wahrgenommen. Sie waren neun Jahre jung. Was haben Sie für Erinnerungen an die Drehzeit?
Inger: Für mich war das eine ganz tolle Zeit. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht und natürlich war es harte Arbeit, aber Spaß eben auch - das hat dazu gehört. Aber das ist lange her inzwischen. Aber - mir hat es wirklich unglaublich viel Spaß gemacht damals.
Johannes: Also - neun Jahre jung, ein Mädchen wird auf einmal ein Filmstar. Und das zu Zeiten, wo das nicht alltäglich ist, dass neunjährige Mädchen in sagen wir Fernsehserien mitspielen. Heute kommt das ja eher häufig vor, aber damals eine absolute Seltenheit. Wie sind Ihre Mitschülerinnen und Mitschüler damals damit umgegangen, dass auf einmal ihre Freundin Inger die weltweit bekannte Pippi Langstrumpf wird?
Inger: Ja, das war schon ganz in Ordnung. In der Schule überhaupt kein Problem. Die Kinder haben natürlich erstmal alle gefragt, als ich zurückgekommen bin vom Drehort, vom Filmemachen ... die haben mich alle gefragt und dann war es OK, dann war es normal. Aber dann kamen die ganzen Journalisten, die mich belagert haben. Die kamen zur Schule, viele sind sogar zu uns nach Hause gekommen, haben einfach die Tür aufgerissen und haben gerufen: "Wo ist sie - wo ist sie? Wir wollen sie unbedingt sehen, wir wollen unbedingt mit ihr sprechen." Das war ein bisschen nervig und frustrierend.
Johannes: Also das hat Ihr Leben dann schon nachhaltig verändert?
Inger: Ja!
Johannes: Wie sind Sie es überhaupt geworden? Wie sind Sie an die Rolle rangekommen? So als neunjährige rennt man ja nicht zu einer Filmproduktionsfirma. Da muss es ja irgendeinen anderen Weg geben?
Inger: Oh ja - natürlich. Da gab es eine Art Ausschreibung. Das wurde im Fernsehen bekannt gemacht. Wir hatten nur einen Fernsehkanal damals in Schweden. Und da hieß es: "Wir brauchen ein Mädchen, das die Rolle spielen kann" und ich glaube, mein Vater war das damals, der hat gesagt: "Ahh, vielleicht könnten wir ja ein Bild von ihr schicken, von Inger, wir können es versuchen." Ich habe gesagt: "Ja- unbedingt, bitte" ... und dann habe ich es einfach vergessen. Mein Vater hat dann dieses Bild von mir erstmal gemacht, ich war irgendwie krank, ich weiß gar nicht mehr genau ... er konnte das nicht so richtig gut machen. Ich hatte irgendwie einen Pickel oder einen Fleck. Ich sah nicht besonders gut aus und mein Vater hat gesagt: "Das können wir so aber nicht schicken, dieses Bild, wo sie so aussieht." OK - dann haben sie aber ein Bild geschickt, meine Eltern und dann gab's wohl irgend so eine Art Auswahl und man musste auch vorsprechen und dann bin ich ausgewählt worden.
Johannes: Und da ist dann jemand von dem Filmteam gekommen und hat gesagt: "Wir möchten gerne mit Dir drehen"
Inger: Ja. Wir haben uns ein paar Mal getroffen, ich musste ein paar Mal vorsprechen, sie haben mich mehrmals getestet und es gab auch einen kleinen Probefilm mit Probeaufnahmen. Ja und dann war es tatsächlich soweit, sie haben sich entschlossen, mich zu nehmen.
Johannes: Die Figur Pippi Langstrumpf ist ja erheblich älter. Also die Geschichte ist von 1949, glaube ich. Die gibt es schon viel länger und es gab ja auch Zeichnungen. Sind Sie selbst mit Pippi als Figur groß geworden?
Inger: Ja, ich habe mich da schon dran erinnert. Meine Mutter hat mir mal was vorgelesen aus diesem Buch.
Johannes: Gab's das mit Zeichnungen auch zum Beispiel?
Inger: Ja, dieses große Geschichtenbuch mit Bildern.
Johannes: Gab's da Ähnlichkeiten? Also haben Sie gesagt: "Ohr, so'n bisschen sehe ich ja schon aus wie die?" Obwohl daran noch gar nicht zu denken war.
Inger: Nein Nein Nein. Ich erinnere mich jedenfalls nicht an sowas. Ich fand das Buch unheimlich toll. Daran erinnere ich mich schon.
Johannes: Herr Clarin, Sie haben Pippi Langstrumpf - Inger Nilsson damals kennengelernt und Sie haben gesagt, dieses Mädchen war irgendwie ein Wirbelwind und die hat eine ganz positive Ausstrahlung gehabt und hat den Film auch durch ihre Art und Weise dazu gemacht - oder die Filme, was sie geworden sind. Vielleicht können Sie uns noch einmal erklären, warum das eine ... war das eine deutsch-schwedische Co-Produktion? Oder wie kam es dazu, dass ein schwedisches Mädchen und ...
Hans: Das war eine deutsch-schwedische Co-Produktion. Ja und das ist wahrscheinlich dadurch zustande gekommen, dass die Deutschen da auch Gelder hinein gesteckt haben. Und dann nimmt man eben ein paar Schauspieler. Mich hat man wahrscheinlich genommen, weil ich schon sehr früh sehr viele Sachen für Kinder gemacht habe - auch im Rundfunk - auch im Fernsehen ... und so kam der Paul Esser noch dazu aus Berlin und die Margot Trooger
Johannes: Ist das die, die die Prusseliese gespielt hat?
Hans: Genau. Ja.
Johannes: Tante Prusselius
Hans: Genau - Ja, Ja ... und der Paul Esser eben diesen anderen Gangster
Johannes: Donner-Karlsson?
Hans: ... den Donner-Karlsson, ja ... Und ich muss sagen, uns hat diese Dreharbeit dann sehr beeindruckt. Sie unterscheidet sich doch sehr von deutschen Dreharbeiten. Man wird dort behandelt wie ein kleiner König. Was man bei uns ja nicht gerade sagen kann. Da fährt immer ein Wagen mit, mit Getränken und Speisen. Der fährt immer hinter einem her, wo man gerade ist, ist auch der Wagen.
Inger: Ohhh? Für ihn! Für mich nicht ... Das wusste ich überhaupt nicht, dass das so war! Das ist neu für mich! Na Moment. Da erinnere ich mich an etwas ganz anders ... Da gab es strenge Regeln: "Hier geblieben, nicht weggehen, nicht schmutzig machen" ... und was war es noch? ... sich nicht verletzten, damit man nicht plötzlich mit so einem Veilchen kommt. Also - so war es! Keine Getränke für mich ... ich hab' da nichts gekriegt ...
Johannes: Die besondere Behandlung der Arrivierten. Da haben wir es mal wieder ...
Inger: Ja Ja Ja :-)
Johannes: Sind Sie während der Dreharbeiten zur Schule gegangen?
Inger: Nein, das nicht! Aber wir hatten die ganze Zeit eine Privatlehrerin dabei. Und sie hat uns dann nachmittags gemeinsam unterrichtet.
Johannes: Mit Tommi und Annika?
Inger: Ja ...
Johannes: Achso, das heißt Sie sind dann nachmittags unterrichtet worden zu Dritt?
Inger: Ja, wir lebten ja da zusammen - gemeinsam mit der Lehrerin. Das war damals für uns Kinder ein bisschen so wie unsere Mutter.
Johannes: Haben Sie heute noch Kontakt zu - ich sag' jetzt mal Tommi und Annika? Ich weiß nicht wie die Schauspieler heißen ... aber jeder weiß ja, was gemeint ist.
Inger: Nein ... ich traf Tommi = Pär, aber das ist nun auch schon einige Jahre her. Und Maria (Annika) lebt in Spanien auf Mallorca. Wir haben uns lange nicht gesehen, mindestens 20 Jahre.
Johannes: Inger, ein neunjähriges Mädchen spielt eine Rolle und spielt im Film mit und wird besonders beachtet, weil sie eben die Hauptrolle spielt. Das ist alles gut und schön. Wann haben Sie das erste Mal realisiert, was Sie da gespielt haben? Und wann haben Sie gemerkt wie sehr das Ihr Leben verändert?
Inger: Ich glaube, das war nachdem der erste Teil der Serie im Fernsehen gelaufen ist. Einfach deshalb, weil da plötzlich so viele Journalisten waren, die bei uns zu Hause gewartet haben in der Woche darauf und das Telefon klingelte ständig. Ach, da war unglaublich viel los. Und überhaupt ... die ganze Zeit auch während die Filme gedreht wurden, waren die Journalisten immer dabei.
Johannes: Es war also für Sie auch schon als Mädchen klar ... das ist was Außergewöhnliches?
Inger: Ja ja ..
Johannes: Welche Eigenschaften von Pippi Langstrumpf hätten Sie gerne? Also ... mehr die körperliche Überlegenheit oder die Intelligenz, den Spaß, den Witz oder die Kohle?
Inger: Also ... ich würde sagen, das Spontane. So spontan sein möchte ich wie Pippi, aber da ist auch unsere Bindung - das Gemeinsame, was wir wirklich haben. Aber das war es auch schon.
Johannes: Herr Clarin, was glauben Sie hat den Erfolg von Pippi Langstrumpf ausgemacht? Warum ist das eine Geschichte, die jeder kennt und die jeder, der sie kennt, lieb hat?
Hans: Nun ja ... also ... es ist eine typische Kindergeschichte, die einen Erfolg haben muss, denn diese drei Kinder haben alle Freiheiten auf der Welt, die sich Kinder wünschen.
Johannes: Tommi und Annika nicht. Die werden ja immer zurückgepfiffen von den Eltern.
Hans: Ja gut ... Pippi wird auch ab und zu zurückgepfiffen, aber sie können sich ausdenken, was sie wollen, sie haben ein eigenes Haus, die Villa Kunterbunt, in der sie leben können, sie haben ihr eigenes Pferd, sie haben ihren eigenen Affen ... also sie leben in einer absoluten Freiheit ... alles das wünschen sich Kinder und bekommen es nicht. Im Grunde genommen ist es das Geheimnis von Pumuckl das Gleiche, der sich auch Freiheiten herausnimmt, die sich Kinder wünschen und meistens nicht haben.
Johannes: Sie kennen das ja auch Ihrer Pumuckl-Geschichte ... also die Stimme des Pumuckl ... dass eine Rolle sie verfolgt über Jahrzehnte und das nicht mehr zu trennen ist, weil man einfach sagt: "Clarin ist Pumuckl" - "Pumuckl ist Clarin". Haben Sie das auch mal verflucht?
Hans: Nein - nie! Wie soll ich es verfluchen. Es ist ein Riesenerfolg gewesen - auch für mich privat. Ich finde es schön über viele Generationen Kindern - manchmal sogar Erwachsenen - Spaß und Freude zu bringen. Und selbst mein Bach, der durch mein Grundstück geht, heißt "Fiume di Gema", weil er auch ein bisschen Geld gebracht hat.
Johannes: Markus Majowski hört ganz interessiert zu, weil er natürlich durch seine Tätigkeit in der Werbung auch Gefahr läuft, sozusagen nur noch wiedererkannt zu werden in der Rolle des T. Neumann und sich dann als Schauspieler gar nicht mehr so entfalten kann. Da haben wir mal drüber gesprochen.
Markus: Die Gefahr gibt es. Die muss man selber bannen durch Vielfältigkeit.
Johannes: Wie ist es bei Ihnen, Frau Nilsson
Inger: Ja natürlich, das ist schon so. Man spielt eine Rolle und dann will man natürlich vor allen Dingen, dass die Menschen denken, man IST dieser Mensch. Ooops ... und jetzt habe ich meine Stimme verloren. Können Sie mich wieder hören? Ich bin wieder da. Also das will man ja, dass die Leute das wirklich denken, man ist diese Person. Und dann wird es irgendwann zu viel - das stimmt - und dann denken die Leute, diejenige hat ja gar kein anderes Leben mehr. Die ist ja einfach nur diese Rolle oder dieser Mensch, den sie gespielt hat. Das ist wirklich schwierig, sich dann zu entscheiden und das kann man auch nicht beeinflussen, das ist schwierig.
Johannes: Haben Sie sich manchmal verfolgt gefühlt von der Rolle der Pippi Langstrumpf?
Inger: Am Anfang ... ja ... da habe ich das Gefühl gehabt, aber jetzt habe ich mich dran gewöhnt. Ich kann mir das gar nicht mehr anders vorstellen. Ein Leben ohne Pippi geht nicht.
Johannes: Wir alle kennen Pippi Langstrumpf aus diesen Filmen und wie sie da spielt und wie sie lacht und wie sie Leute an der Nase herumführt, aber wir möchten natürlich auch wissen wie Ihr Leben danach weiterging? Also ... wie haben Sie sich ... so beginnt das ja: Wie haben Sie sich arrangiert mit dem Leben von Pippi Langstrumpf, das sie dann ja nebenher mitleben mussten?
Inger: Ich habe eigentlich ein ganz normales Leben gelebt. So normal wie das halt irgendwie ging. Es hat ein paar Jahre gedauert und dann bin ich auch wieder Schauspielerin geworden. Ja - das ist mein Leben.
Johannes: Und haben die Regisseure sozusagen soviel Freiheit und soviel Gedanken im Kopf, dass sie sagen: Natürlich kann diese Inger Nilsson jede andere Rolle auch spielen, weil sie ist ja Schauspielerin oder sind die meisten Regisseure doch gekommen und haben gesagt: Naja - also ein bisschen ist es doch Pippi Langstrumpf.
Inger: So und so ... Manche denken schon: Das ist mal eine Herausforderung, etwas ganz Anderes mit ihr zu machen. Andere wiederum sehen mich immer noch als Pippi Langstrumpf, keine Frage, aber das ist ihr Problem ...
Johannes: Es könnte ja auch sein, dass das Publikum das überhaupt nicht will, weil das Publikum sagt: Dieses Gesicht, dieses Lächeln, das man ja heute hundert Prozent erkennt, wenn man Ihnen ins Gesicht guckt, dann möchte man einfach, dass ...
Inger: Ohhh .. ich muss sofort aufhören zu lächeln ;-)
Johannes: Nein .. überhaupt nicht! Nein Nein!
Hans: Man könnte natürlich auch eine Serie drehen. Sie jetzt ein bisschen älter geworden, aber das Gesicht ist da ...
Johannes: ... was Pippi heute macht ...
Hans: Mama Langstromp
Inger: Nein Nein Nein ... Ich habe einiges gespielt und zwar zum Teil einige furchtbare Rollen, wo ich auch wirklich böse war, bzw. hässlich aussah und einfach jemanden Bösen spielte. Das hat mir am meisten Spaß gemacht, weil sich das keiner vorstellen konnte, dass ich das wirklich spielen konnte. Die Leute haben gedacht: Ahhh Pippi Pippi ... aber Pippi ist dann plötzlich jemand, der ganz anders ist. Pippi hat aber nichts mit diesen Rollen zu tun gehabt. Für mich war das gut und es fühlte sich gut an.
Johannes: Hat es so Reaktionen gegeben, dass Leute gesagt haben: Na ja ... sie spielt die Rolle gut, aber wir möchten nicht, dass unsere Pippi sowas spielt ...
Inger: Ja Jaaaa ... natürlich! Ständig gab es solche Reaktion. Vor einiger Zeit habe ich in eine böse Frau in einer Steven King Produktion - Misery - auf der Theaterbühne gespielt ... und diese Frau ... Kathy Bates hat sie im Film gespielt ... ist wirklich eine hässliche, böse Frau, die den Hauptdarsteller die ganze Zeit gefangen hält. Und die Leute haben gesagt: Nein, das kann die doch nicht machen. Die sieht so nett aus und außerdem ist sie Pippi Langstrumpf ... und die kann nicht sowas Gemeines spielen und die kann doch nicht so fies sein ... für mich war das eine echte Herausforderung und die Leute waren überrascht.
Johannes: Interessant! Die Herausforderung einerseits, die Rolle gut zu spielen und dann noch die andere Rolle immer mit abzuschütteln. Haben Sie so eine Erfahrung auch gemacht, Herr Clarin?
Hans: Nein ... ich habe das nebenbei so alles ganz schön immer eingeteilt. Es gab ja damals schon anfangs noch diese "77 Sunset Strip", was ja auch so eine Sache war, wo man gesagt hat als Cookie und dann am Residenztheater in München, ob das geht? Es geht alles, natürlich! Und irgendwann gewöhnen sich die Leute auch daran und sagen: Na gut, macht er das, macht er das ...
Johannes: Frau Nilsson, sind Sie wenigstens steinreich geworden durch die Filme?
Hans: Jaaaaaaaaaaaaaa :-)
Inger: Ohh, er weiß es ... Neiiiiiiin ... bin ich nicht!
Johannes: Das heißt, Sie haben damals ein Kinderhonorar bekommen und sind abgespeist worden. Oder wie geht sowas?
Inger: Es ist wenig Geld. Das war nicht viel.
Johannes: Und das läuft doch auf der ganzen Welt. Verdienen Sie mit, wenn das heute noch läuft?
Inger: Nein! Ich habe nie wieder etwas danach bekommen. Natürlich habe ich ein kleines Honorar gekriegt als der Film gemacht wurde, aber danach nichts mehr. Wir haben einfach ein anderes System in Schweden - für Kinder zumindest.
Johannes: Also so Wiederholungsverträge? Haben Sie einen Wiederholungsvertrag?
Hans: Also für diesen Film nicht. Für Pippi Langstrumpf nicht. Also für Kinofilme haben wir überhaupt keine Wiederholungsverträge in Deutschland. Für Fernsehfilme gab es das mal. Gibt es heute auch noch. Sehr ungern macht man das im Fernsehen. Überhaupt ... das ist wahrscheinlich zu viel Aufwand oder ich weiß nicht was ... sie wollen natürlich nichts bezahlen, aber für einen Kinofilm, den ja ein Produzent selber finanziert und auch auf seine Kappe nimmt, wenn es ein Misserfolg wird, da sagt er natürlich, wenn das dann Geld bringt, dann gehört es auch mir.
Johannes: Frau Nilsson, sind Sie heute als Schauspielerin tätig in der Hauptsache? Oder haben Sie noch einen anderen Beruf?
Inger: Ich arbeite immer noch gelegentlich als Schauspielerin. Aber ich habe auch einen anderen Job. Ich arbeite als Sekretärin in einem Krankenhaus.
Johannes: Ja, das ist nützlich und gut und sicherlich sehr sinnvoll. Sie haben die große Autorin Astrid Lindgren ja auch kennengelernt. Erinnern Sie sich an das erste Aufeinandertreffen?
Inger: Ja, sie kam zu uns ins Studio. Wir hatten schon einige Zeit gedreht und dann kam sie zu uns ins Studio und das war das erste Mal, dass wir uns kennengelernt haben.
Johannes: Was für einen Eindruck hat die Dame auf Sie gemacht?
Inger: Dass ich sie mochte - richtig doll mochte!
Johannes: Sie waren ein Kind und Kinder erkennen sowas ja sofort, ob jemand wirklich sympathisch ist oder nicht.
Inger: Ja ... ich erinnere mich noch daran, da hat jemand anders gesagt: Astrid Lindgren ist hier - Ohhh, die kommt jetzt bestimmt auch zu uns. Wir waren total aufgeregt. Und sie blieb dann auch eine ganze Zeit dabei und ist immer mal wieder gekommen. Sie haben sie auch kennengelernt ...
Hans: Ja ...
Inger: ... als wir den Film in Stockholm gemacht haben.
Johannes: War das für Sie ähnlich beeindruckend?
Hans: Ja, das war für mich sehr beeindruckend, muss ich sagen, weil sie ja wenn sie auftritt, so eine ... sie kommt als eine kluge Frau, die große Gewalt ausstrahlt. Ich habe sie immer verglichen mit Elly Ney, diese Pianistin mit den wilden Haaren, die einen Blick hatte, bei dem man einen Riesenrespekt hat und das war bei Astrid Lindgren auch. Man hatte sofort Respekt vor ihr.
Johannes: Sie sind Freunde geworden im Laufe der Jahre? Und haben immer Kontakt gehalten?
Inger: Ja. Wir haben uns oft getroffen im Laufe der Jahre.
Johannes: Wenn Sie sagen: Astrid Lindgren war für mich ... wie würden Sie den Satz weiterführen?
Inger: Eine ganz ganz liebe Freundin!
Johannes: Sie haben eine sehr bewegende Rede gehalten auf der Beerdigung oder auf der Trauerfeier für Astrid Lindgren. Wie haben die Menschen darauf reagiert? Haben die gemerkt, da sind Zwei jetzt durch den Tod auseinandergerissen, die eigentlich zusammen gehören?
Inger: Ja, ich glaube, das kann man schon so sagen. Für mich persönlich war das sehr sehr wichtig, dass ich diese Rede gehalten habe. Es war ein Abschluss, ein Kreis, der sich für mich geschlossen hat. Das Ende einer Ära und ich wollte das den Menschen sagen. Astrids Familie war auch dabei und ich wollte es auch der Familie sagen und ihr selber auch, wenn sie mich hätte hören können. Ich wollte einfach sagen wie meine Gefühle waren.
Johannes: Hatten Sie in dem Moment das Gefühl, dass ein Stückchen von Pippi stirbt?
Inger: Nicht gestorben ... ich wollte einfach sagen wie mein Gefühl war und wie mein Gefühl für sie gewesen ist mit meinen eigenen Worten, das war wichtig für mich. Natürlich hat sich danach auch für mich viel geändert nach dieser Ansprache. Ich kann das gar nicht erklären ... aber es hat sich etwas verändert.
Johannes: Für Sie persönlich hat sich etwas verändert, weil Sie gesprochen haben? Oder Ihre öffentliche Reaktion, was meinen Sie?
Inger: Ja ... die Menschen sehen mich als Astrids Pippi ... immer schon ... aber anders jetzt plötzlich. Sie haben gesagt, Ja ... du bist Pippi, aber du bist auch Inger. Das wurde klar.
Johannes: Ich habe an Sie beide eine Frage, die ich stellen möchte, weil viele Menschen das vielleicht bewegt. Es gab zwischendurch bei Ihnen Gerüchte, dass Sie Problem hätten, Sie seien depressiv geworden und große familiäre Probleme und was auch immer. Stimmte das?
Inger: Nein ... ich weiß nichts davon. Ich denke mal, es hat vielleicht was mit Pippi zu tun, mit der Serie, die war ja sehr populär und die Leute denken dann plötzlich, dass man eine Riesen-Karriere machen sollte und steinreich werden sollte und alle möglichen Rollen plötzlich hinterherkommen, aber so war es halt nicht. Und dann denken die Leute plötzlich: Ohhh - stimmt wohl was nicht mit ihr ... Depressionen ...
Johannes: Also, sie machen einen sehr ausgeglichenen Eindruck und lustigen und fröhlichen noch dazu. Das ist in Ordnung.
Inger: Ja ... deprimiert bin ich nicht, nein ...
Johannes: Herr Clarin, ich muss das einfach fragen, weil zu Hause das womöglich viele Leute denken: Mit der Stimme haben Sie nachhaltig Ihre Probleme - oder?
Hans: Also mit der Stimme habe ich nachhaltig meine Probleme. Aber es wird - ich merke es selber - immer besser, immer besser, immer besser und das sagen die Ärzte auch. Es dauert halt noch ein Jährchen. Ich meine, ein Jährchen ist in meinem Alter natürlich ziemlich viel, aber ich bin da ganz optimistisch und ich mache meine Weihnachtslesungen nach wie vor und das in nicht kleinen Häusern wie zum Beispiel übermorgen in Baden-Badener Festspielhaus oder in Stuttgart und mit Hilfe anständiger Mikrofone - wobei ich nichts gegen Ihre sagen will - funktioniert das schon.
Johannes: Also, ich danke sehr herzlich für den Besuch und natürlich gucken wir alle Weihnachten, wo auch immer das laufen wird, aber läuft ja überall: Pippi Langstrumpf. Ich freu' mich sehr, dass wir miteinander haben reden können und ich bedanke mich sehr herzlich bei Hans Clarin und insbesondere natürlich auch bei Inger Nilsson. Sehr schön, Sie in der Sendung zu haben.

 


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